Copyright Text und Bilder Anke Junginger
Irrlichter – Geheimnisvolle Lichter
Verloren in Sümpfen und Mooren
Wie traurig steigt die unvollkommene Scheibe
Des roten Mondes mit später Glut heran,
Und leuchtet schlecht, dass man bei jedem Schritte,
Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt!
Erlaub, dass ich ein Irrlicht bitte!
Dort seh‘ ich eins, das eben lustig brennt.
He da! Mein Freund! Darf ich dich zu uns fordern?
Was willst du so vergebens lodern?
Sei doch so gut und leucht‘ uns da hinauf!
- Goethe, Faust, Stuttgart 1900, Walpurginsnacht -
So verlangt Mephitopheles in Goethes Faust, dass das Irrlicht ihm den Weg leuchte. Weiter erfahren wir über das Irrlicht, dass es ein leichtes Naturell hat und sich gewöhnlich im Zickzack bewegt. Kein Wunder, denn Irrlichter sind ja dafür bekannt, dass sie Wanderer vom rechten Weg locken.
Doch was sind Irrlichter, was kann man sich darunter vorstellen?
Es handelt sich um geheimnisvolle Lichter oder kleine Flammen, die Spaziergänger im Dunklen sehen – sie tauchen plötzlich aus dem Nichts auf, sie flackern, werden dunkel und plötzlich erstrahlen sie wieder… Habt ihr so etwas schon einmal selbst erlebt? Man sagt, dass sie häufig in Sümpfen und in Mooren erscheinen. Ein schwaches Licht, wie von einer Laterne und wenn man es erreichen möchte, dann entfernt es sich auf unerklärliche Weise. Das Licht spielt Sicherheit vor, doch das ist ein Trugschluss, denn wenn man versucht es zu erreichen und dabei den Weg verlässt, so wird man immer weiter in die Einsamkeit gelockt. Plötzlich führt kein Weg weiter, man steht mitten im Sumpf oder am Rande eines Abgrunds.
Aber es gibt auch Irrlichter, die über Schätze wachen und so dem Wanderer zu Reichtum verhelfen können. Doch es ist Vorsicht angesagt, denn in den meisten Geschichten sind Irrlichter nicht gerade wohlwollend.
Verwandt mit den Irrlichtern ist das sogenannte St. Elmo’s Fire (Elmsfeuer). Dabei handelt es sich ebenfalls um phosphoreszierende Lichter, die kugelförmig auftreten und von Seefahrern auf dem Meer beobachtet werden.
In der Folklore findet man die Irrlichter weltweit. In England und Schottland kennt man ebenfalls Irrlichter, die Wanderer in die Irre locken. Hier heißen sie Will-o‘-the-wisp oder Puck, ignis fatuus, Jack-o‘-lantern, Pixy-light, Spunkies oder Hobby lantern. Mancherorts nennt man sie auch Feenfeuer oder Feuerfeen. In Wales kennt man die Ellylldan (übersetzt bedeutet es in etwa lauerndes Elfenfeuer) oder Pookka, die nachts in den Sümpfen tanzten, bevor viele der Sümpfe trocken gelegt wurden. Sie entsprechen den skandinavischen Lyktgubhe.
„Das Ellylldan (Irrlicht) glimmte hell in den trägen Nebelschwaden. Leicht wie ein Lufthauch erhob es sich über die Büsche, die mit dem Schlamm eins wurden. Sobald ich zögerte oder stehen blieb wartete es auf mich, bevor es langsam weiterzog, bis es kaum noch als kleiner Funken in der Ferne zu erkennen war. Aber sobald ich mich wieder auf den Weg machte, schoss es plötzlich heran und glitt vor mir her. … Das zarte Netz einer Spinne glitzerte im Licht des Ellylldan auf. Plötzlich schoss es davon und vereinte sich in der Ferne zu einem Lichterring mit Seinesgleichen in einem langsamen kreisförmigen Goblin-Tanz,…"
Wirt Sikes, British Goblins, London, 1880, S. 16, Übersetzung Anke Junginger
In Mexiko glaubt man, dass es sich bei den geheimnisvollen Lichtern um Brujas, eine Art Hexen handelt. Von den Sümpfen Massachusetts bis hin nach Brazilien, Argentinien, Kolumbien und Uruguay erzählt man sich verschiedene Geschichten über die Lichter, die nachts in einsamen Gegenden erscheinen.
Auch wenn häufig versucht wurde das Phänomen wissenschaftlich zu erklären, zum Beispiel durch entzündliche Gase in den Sümpfen, so sind sie doch weiterhin im alten Volksglauben verankerte geheimnisvolle Erscheinungen. Es heißt, sie leuchten noch heute in den verlassenen Gegenden, doch so wie einsame Landstriche seltener werden, so werden auch die Irrlichter immer seltener…
Quellen: Wikipedia; British Goblins, Wirt Sikes, 1880; Goethe, Faust, Stuttgart, 1900.